EKiR am Scheideweg
Rundbrief zur Landessynode 2014
Von Manfred Alberti
Die EKiR steht auf dieser Landessynode 2014 an einer bedeutenden Wegscheide:
- Wird der Weg unserer Kirche zu einem von oben geleiteten Kirchenkonzern zu Ende gebracht oder
- Stoppt die Synode diesen Weg und besinnt sich auf die Grundordnung unserer Kirche als Kirche, die auf lebendigen Gemeinden aufgebaut ist.
Nach dieser Synode wird es vermutlich vorerst keine Umkehr mehr geben, da Personalentscheidungen für den Ausbau der Verwaltung und somit gegen die Stärkung der Gemeinden viele Finanzen unserer Kirche auf Jahre und Jahrzehnte binden werden.
Ein Jahr nach Ende der Präseszeit von Nikolaus Schneider zeigt sich in deutlichen Umrissen, wie der von der EKD 2006 mit der Schrift „Kirche der Freiheit“ angestoßene Umbau der Kirche zu einem von oben geleiteten wirtschaftsähnlichen Kirchenkonzern die rheinische Kirche verändert:
- Die Einführung des Neuen Kirchlichen Finanzsystems verschlingt Millionen um Millionen, ohne dass ein erfolgreiches Ende abzusehen ist. Für die Organisation von Gemeinden ist NKF in gewaltigem Ausmaße überdimensioniert: Weder für Steuern, die Kirche nicht zahlt, noch für Abschreibungen, noch für Gewinn- und Verlustrechnungen, noch für Aktionäre oder Analysten von Börsenkursen werden viele der jetzt erhobenen Daten benötigt. Vieles ist für die Leitung der 732 rheinischen Gemeinden - und selbst für kirchenleitende Aufgaben - einfach überflüssig und nutzlos, es ist Bürokratie pur. Die gemeindeleitenden Presbyter (und PfarrerInnen) sind damit weitgehend überfordert, so dass die faktische Leitung in die Hände der Verwaltung übergeht.
- Mit dem Verwaltungsstrukturgesetz von 2013 (gültig ab 01.04.2014) sind der Verwaltung faktisch wesentliche bisher den Presbyterien und Vorsitzenden vorbehaltene Leitungsaufgaben übertragen worden: vor allem das Anordnungsrecht in Geschäften der laufenden Verwaltung (Z.B. bis 10 000 €). Die Presbyterien haben das Recht verloren, über ihre eigene Verwaltung zu entscheiden und damit auch den finanziellen Rahmen der Verwaltung innerhalb der Gemeindeausgaben zu bestimmen. Für viele früher ehrenamtliche Arbeiten werden jetzt bezahlte Kräfte eingestellt. Verwaltung wächst auf Kosten der Gemeindearbeit.
- Durch den Ausbau der hierarchischen Struktur unserer Kirche haben die Gemeinden und Presbyterien wichtige Leitungsaufgaben faktisch an die Kirchenkreisebene verloren: Personalplanung – sofern dafür überhaupt noch Gelder vorhanden sind - ist nur noch in Abhängigkeit vom Kirchenkreis möglich; Gebäudeverantwortung ist von den Presbyterien an die Verwaltung des Kirchenkreises übergegangen. Durch die Gebäudestrukturanalyse ist faktisch dem Kirchenkreis und nicht mehr der Gemeinde die Entscheidung über Kirchen und Gebäude übertragen worden. Ziel der Gebäudestrukturanalyse war u.a. die Erstellung eines edv-gestützten landeskirchenweiten Gebäudekatasters, so dass von oben (und nicht mehr in der Gemeinde) entschieden werden kann, welche Kirchen und Gebäude zukunftsfähig sind. Die Finanzverwaltung liegt nicht mehr in den Händen der Kirchmeister, sondern zählt zu den Aufgaben der Verwaltungsleitung. Selbst die Haushaltsplanung als ureigenste Aufgabe der Presbyterien ist mit Hilfe von NKF so kompliziert geworden, dass Presbyterien im Grunde nur noch die Vorlagen der Verwaltung absegnen können. Zum guten Schluss hat der scheidende Präses Nikolaus Schneider in seiner letzten Synodenrede 2013 der Landessynode eine umfassende Leitungsfunktion zugeordnet. Wie das mit dem presbyterial-synodalen Grundgedanken vereinbar ist, bleibt sein Geheimnis.
- Konsequenz der hierarchischen Struktur ist die Überforderung von KSVs und SuperintendentInnen. Es ist schlicht unmöglich, dass sie ihre Leitungsaufgaben anstelle der Presbyterien wahrnehmen können: Weder haben die KSV-Mitglieder einen solchen Einblick in die einzelnen Gemeinden, dass sie angemessen entscheiden könnten, noch können sie bei der Vielfalt der ihnen nun obliegenden Entscheidungen alle Entscheidungen mit der nötigen Tiefe durchdenken. Sie sind auf prägende Zuarbeit der Verwaltung angewiesen und geben damit der Verwaltung immer mehr Macht und Einfluss.
Mit den vorliegenden Vorlagen der Landessynode 2014, die ja in Erfüllung von Aufgaben der vorherigen Landessynoden erarbeitet wurden, würde die Landessynode 2014 die bisherigen Schritte zementieren und damit die Zukunft der Landeskirche als von oben geleiteten Kirchenkonzern faktisch festschreiben:
Statt in Verkündigung, Seelsorge und Diakonie würden weitere Millionenbeträge in den Ausbau des kirchlichen Finanzwesens, in den Ausbau der Datenverarbeitung und den Ausbau der Verwaltung fließen. Die ursprünglich vorgesehenen Einsparpotientiale lösen sich in Luft auf: Der gesamte Verwaltungsbereich wird immer teurer, die Gemeinden immer ärmer.
Da kein Christ wegen einer Superverwaltung Kirchenglied ist, sondern eine gute Gemeindearbeit mit engagierten Haupt- und Ehrenamtlichen braucht, zerstören die immer höheren Ausgaben für die Verwaltung die gegenwärtige und zukünftige Basis unserer Kirche.
In der Leitung der Evangelischen Kirche in Deutschland wird der Prozess „Kirche der Freiheit“ inzwischen als ein Flop angesehen: Weder ist irgendwo ein „Wachsen gegen den Trend“ sichtbar noch strahlen „Leuchtfeuer“ über die kirchliche Landschaft hinaus. Schade, wenn die Landessynode der EKiR trotzdem an den Irrwegen dieses Prozesses festhalten und weiterhin die Gemeinden und die Gemeindearbeit als gemeindegliedernahe Basis kirchlicher Arbeit abwerten würde.