Zu meiner Person

Während ich diese Zeilen schreibe, bin ich schon seit einiger Zeit im Ruhestand. Langeweile kenne ich dennoch nicht. Es ist mir nach wie vor eine Freude, Dienste in den Kirchengemeinden Hilgenroth und Almersbach oder auch in der Nachbarschaft zu übernehmen. Immer wieder drängt es mich, zu Vorgängen in unserer Kirche und unserer Gesellschaft Stellung zu nehmen. Außerdem macht mir die Arbeit in unserem doch beachtlich großen Garten Freude. Ich lese gerne und viel. Neben der Theologie gilt mein Interesse historischen, ökonomischen und allgemeinpolitischen Themen.

Aufgewachsen bin ich in Betzdorf im nördlichen Rheinland-Pfalz. Dort wurde ich auch getauft und konfirmiert. Ausschlaggebend für den Wunsch, Theologie zu studieren und Pfarrer zu werden war meine Zivildienstzeit in der Kirchengemeinde Kirchen, ganz in der Nähe meiner Heimatstadt. Studiert habe ich in Bonn, Mainz und Heidelberg. Mein Gemeindepraktikum absolvierte ich in Duisburg-Wanheim. Die guten Erfahrungen, die ich dort machen konnte, gaben den Ausschlag für meine Entscheidung, meine Zeit als Vikar ebenfalls im Ruhrgebiet zu verbringen, und zwar in der Kirchengemeinde Duisburg-Mittelmeiderich.

Nach meiner Zeit als Pastor im Hilfsdienst in der Kirchengemeinde Birnbach wurde ich 1988 zum Pfarrer der Kirchengemeinde Zell-Alf-Bertrich gewählt. Es begann eine ungemein spannende Zeit. Ab 1989, dem Jahr der Wende, wuchs die Gemeinde durch den Zuzug von DDR-Übersiedler und vor allem von Russlanddeutschen aus den Republiken der ehemaligen Sowjetunion jährlich um 100 – 200 Gemeindegliedern. Etliche Gemeindeglieder engagierten sich eindrucksvoll z.B. durch das Verteilen von Kleidung und Möbeln und Lotsendienste in der zunächst fremden Umgebung. Glaubenskurse wurden angeboten, die mit Taufe oder Konfirmation von Erwachsenen abschlossen. Monat für Monat kamen mehr Menschen in unsere Gottesdienste. Schließlich bestand nahezu die Hälfte der Presbyteriumsmitglieder aus Russlanddeutschen.

Aus familiären Gründen zog es mich nach ca. 12 Jahren an der Mosel wieder in den Westerwald. Im Herbst 1999 wurde ich zum Pfarrer der Kirchengemeinde Hilgenroth gewählt. Anfang 2000 kam der Umzug nach Eichelhardt, ein Dorf in der Nähe von Altenkirchen. Die Kirchengemeinde war belastet durch das Thema „sexueller Missbrauch“. Das Vertrauen in die Integrität kirchlicher Mitarbeiter war massiv gestört, was auch meinen Einstieg erschwerte. Letztlich nahm die Kirchengemeinde dennoch eine positive Entwicklung. Vertrauen konnte langsam zurückgewonnen werden. Ein Arbeitsschwerpunkt wurde die Konfirmanden- und Jugendarbeit. Außerdem nahm die Seelsorge für mich großen Raum ein. Die Teilnahme an den Gottesdiensten lag über Jahre hinweg um die 10%, etwa 50-60 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen setzten sich für die Gemeinde ein. Mehrfach hatte die Kirchengemeinde pro Kopf das höchste Spenden- und Kollektenaufkommen im Kirchenkreis.

Daneben hatte ich einen Zusatzauftrag für Behindertenseelsorge, ein Arbeitsfeld, dem ich mich mit viel Freude widmete. Schließlich war ich etwa 15 Jahre Vorsitzender des Finanzausschusses unseres Kirchenkreises.

Bereits Anfang der 2000-er Jahre hatte ich große Bedenken angesichts der sich abzeichnenden Umbaupläne, mit denen man unserer Kirche zu Leibe rücken wollte. Es zeichnete sich ab, dass weniger theologische Einsichten und Erkenntnisse handlungsleitend für diese Prozesse waren. Betriebswirtschaftliche Überlegungen und Methoden drängten sich in den Vordergrund. Spätestens ab 2006, als das EKD-Impulspapier „Kirche der Freiheit“ veröffentlicht wurde und die rheinische Kirche zuvor auf einer Landessynode einschneidende Veränderungen im Blick auf die kirchlichen Strukturen auf den Weg gebracht hatte, wuchs bei mir die Entschlossenheit, mich zu Wort zu melden.

Die angestrebten Rückbau- und Konzentrationsprozesse erschienen mir höchst problematisch, zumal dem allen eine realitätsferne Finanzprognostik zu Grunde lag. Man rechnete damals alleine auf Grund der Mitgliederentwicklung mit einem drastischen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen. Tatsächlich trat das genaue Gegenteil ein. Bis zu Beginn der 20-Jahre gab es unterm Strich auch real eine positive Entwicklung bei den Kirchensteuereinnahmen. Finanziell Engpässe gab es dennoch. Entgegen früherer Absichtserklärungen wurde durch die Einführung des neuen kirchlichen Finanzwesens (NKF) sowie durch eine Verwaltungsstrukturreform keineswegs Kosten eingespart. Wurden im Pfarrdienst oder in der Jugendarbeit Stellen abgebaut, so gab es bei den Verwaltungskosten eine bedenkliche Steigerung. Ich engagierte mich gegen diese Entwicklung nicht zuletzt deswegen, weil ich die Früchte meiner Arbeit gefährdet sah. Bis heute nehme ich die Schäden wahr, die durch zweifelhaft Strukturveränderung, insbesondere durch Abbau- und Konzentrationsprozesse angerichtet worden sind.

2009 gingen die „Zwischenrufe zu Kirche und Gesellschaft“ online. Ich brachte mich zudem in verschiedenen Netzwerken wie z.B. bei „KirchenBunt“ ein. Ich bin der festen Überzeugung, dass mehr „evangelische Freiheit“ für die Menschen, die vor Ort kirchliches Leben gestalten, geboten ist. Dies sehe ich als Weg, auf dem unsere Kirche wieder gesunden kann.

Hans-Jürgen Volk

 

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