AUF GEGENKURS Eine Fest- und Dankesschrift zum 100. Geburtstag von Pfarrerin Dr. h.c. Ilse Härter Herausgegeben von Hartmut Ludwig |
Beiträge von 48 Autorinnen/ Autoren Logos-Verlag Berlin 2011, 210 Seiten ISBN 978-3-8325-3043-3, 19,90 Euro Bezug im Buchhandel oder über die „Solidarische Kirche im Rheinland“, Kto.Nr. 101185901 BLZ 35060190. Kontakt: Klaus Schmidt, Tel.0221/8704454, kaschmi72@gmx.de |
Unter dem Titel „Auf Gegenkurs“ beschrieb Ilse Härter gelegentlich ihren Weg als „illegale“ Vikarin der „Bekennenden Kirche“ und ihre Widersetzlichkeit in der Zeit des Nationalsozialismus. Als sich die „Männer-Kirche“ noch vehement gegen Frauen im Pfarramt sträubte, räumte sie als Vorkämpferin für den gleichberechtigten Dienst künftigen Theologinnen viele Steine aus dem Weg.
Als rheinische Schulpastorin leitete sie nach 1945 ihre Schülerinnen an, die NS-Zeit kritisch zu sehen, und bezog sie in die ökumenische Bewegung ein, als das noch völlig neu war. Als Mitglied der Kirchlichen Bruderschaft / Solidarische Kirche im Rheinland begleitete sie das Handeln ihrer Kirche kritisch. Falsche Kompromisse lehnte sie konsequent ab. Sie trat für Versöhnung und Frieden und gegen jede Ungerechtigkeit vor Ort und in der weltweiten Ökumene ein.
Seit den achtziger Jahren nahm sie an der wissenschaftlichen Erforschung der Entwicklung des gleichberechtigten Pfarram-tes teil. Trotz allem Gegenwind, dem sie sich aussetzte, hielt sie an dem, was sie als richtig erkannt hatte, fest und schrieb so Kirchengeschichte.
In dieser Festschrift erzählen Weggefährtinnen und Weggefährten, wie sie ihr begegneten und was sie ihr verdanken. Außerdem werden zwei bisher unveröffentlichte Vorträge von Ilse Härter sowie die Laudatio bei der Ehrenpromotion und ihre Dankesrede im Januar 2006 dokumentiert.
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„Ilse Härter ist eine der großen Mütter oder richtiger: der Schwestern der evangelischen Theologinnen in Deutschland und weltweit. Sie hat […] viele Steine aus dem Weg geräumt, auf dass wir Theologinnen ohne zu stolpern und ohne die scharfen Verbotsgesetze in den anerkannten und rechtmäßigen Verkündigungsdienst eintreten konnten.“
Aus dem Grußwort von Bischöfin i.R. Maria Jepsen
„Sie verweigerte nicht nur den Eid auf Hitler, sondern auch den „Ariernachweis“, legte ihre Examina vor der Prüfungskommission der Bekennenden Kirche ab und zog die Existenz als Illegale der einfacheren Möglichkeit vor, diese Prüfungen von der offiziellen Kirchenbehörde bestätigen zu lassen. […] Sie ist wirklich und wahrhaftig eine große Frau unserer Kirche.“
Aus dem Grußwort von Präses Dr. h.c. Nikolaus Schneider, Ev. Kirche im Rheinland
„Ich kannte zwar Maria Jepsen, aber fragte mich, wer ich denn in diesem Amt sein könnte, und hatte ständig Bilder von ehrwürdigen älteren Herren vor Augen. Umso mehr war mir wichtig, mich als Erbin zu wissen der Auseinandersetzungen, die Generationen von Frauen vor mir geführt hatten.“
Aus dem Grußwort von Landesbischöfin i.R. Dr. Dr. h.c Margot Käßmann
„A Truly Remarkable Woman and a Treasured Friend as Well“
Reverend Robert Hunsicker, Lancester, PA, USA
Geb. am 12. Januar 1912 in Asperden bei Goch. Schulische Prägungen: Der Englischlehrer korrespondierte mit Gandhi. Ein Bericht über die ökumenische Weltkonferenz in Stockholm wird für sie ein Beispiel für Versöhnung ehemaliger Kriegsgegner. 1931-35 Theologiestudium in Göttingen, Tübingen, Königsberg und Bonn. Ab 1934 Mitwirkung in der BK. 1936 Erste theol. Prüfung bei der BK.
1937-39 Vikariat in der BKGemeinde Elberfeld, 2. theol. Prüfung bei der BK. Ilse Härter lehnt die „Einsegnung“ als Vikarin ab und fordert eine vollgültige „Ordination“ zum Pfarramt. 1939-41: Gestapoverhör wegen illegaler Prüfung, Hilfsdienst in Elberfeld. 1941-44 BKVikarin in BerlinWannsee. Kündigung wegen Ablehnung des Treueids auf Hitler und des „Ariernachweises“. Vertretungsdienste in Fehrbellin und Ebersbach. Dort Hilfe für verfolgte Juden und Zwangsarbeiter.
1943 Ordination zum vollen Pfarramt durch BK-Präses Kurt Scharf. 1944-45 BK-Dienst in der Mark Brandenburg. 1945-46 Nach schwe-rer Erkrankung Rückkehr ins Rheinland.
1946-52 in Leverkusen: Schulpfarramt am Mädchengymnasium und Predigtauftrag. Leitung der Lehrer-Pfarrer-Arbeitsgemeinschaft. Mitarbeit im „Internationalen Versöhnungs-bund“. 1952-72 in Elberfeld: Synodalpfarramt für Berufsbildende Schulen, Jugendpfarramt, Mitarbeit in der übersynodalen Arbeitsge-meinschaft für Berufsschulpfarrer/innen, Be-zirksbeauftragte für Berufsbildende Schulen, Mitglied der Jugendkammer der Ev. Kirche im Rheinland. Seit den 60er Jahren: Freundeskreis von „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“.
1972 Ruhestand, Umzug nach Goch. Danach Beginn der Forschungen zu den frühen Theologinnen im Kontakt mit Dr. Hartmut Ludwig und Prof. Dr. Günther van Norden, seit 1988 in Verbindung mit Prof. Dr. Hannelore Erhart und dem Göttinger Frauenforschungsprojekt zur Geschichte der Theologinnen: 1992-97 Dokumentation „Der Streit um die Frauenordination in der Bekennenden Kirche“. 2005 Mitarbeit am „Lexikon früher evangelischer Theologinnen“, 2006 am Buch „Sie schwammen gegen den Strom. Widersetzlichkeit und Verfolgung rheinischer Protestanten im "Dritten Reich". 2006 Ehrenpromotion durch die Kirchliche Hochschule Wuppertal.
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„Du bist wachsam in starkem Masse. Wachsam, wenn andere ihre Augen geschlossen halten. Wachsam im Blick auf Umwelt, Kirche und Gesellschaft. […] Wachsamkeit bestimmte Dein Wirken. Und Wachsamkeit spüren wir, wenn wir heute mit Dir telefonieren.“
Elfriede und Karl-Theo Siebel im Beitrag zur Festschrift
„In der BK sah sie ihre Verantwortung, nicht in einem legalen, gut bezahlten Pfarramt. Als 1945 die BK in die große evangelische Volkskirche überging, […] um der Einheit der Mehrheit willen und um ihrer ihr auferlegten Verantwortung willen – da war dies ein Schock für die, die Not und Entbehrung erlitten hatten und die jetzt feststellen mussten, dass viele von denen, die sie als Opportunisten und diplomatische Taktiker erfahren hatten, sich nun als BK-Leute und Widerstandskämpfer offenbarten.“
Prof. Dr. Günther van Norden im Beitrag zur Festschrift
„Mir ist nie der Gedanke gekommen, dass das, was ich in meinem Dasein – ich zitiere – ‚im Einsatz für die Emanzipation und Gleichberechtigung der Frauen und speziell für Frauen im theologischen Dienst der Kirche’ geäußert und getan habe, so hoch gewertet werden würde. Für mich war das eine Selbstverständlichkeit.“
Ilse Härter in der Erwiderung auf die Verleihung der Ehrendoktorwürde, Wuppertal 2006